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Aspekte der Geschlechtlichkeit

Aspekte der Geschlechtlichkeit

1. Chromosomales Geschlecht

Beim Menschen ist das chromosomale Geschlecht durch den Karyotyp, insbesondere die Anzahl und Struktur der Geschlechtschromosomen festgelegt, wobei typischerweise die 46 Chromosomen aus je 22 Autosomen sowie 2 Geschlechtschromosomen bestehen. Je nachdem welche Samenzelle eine Eizelle befruchtet, entsteht somit ein Embryo mit 46,XX (weiblich) oder 46,XY (männlich). Von diesen typischen chromosomalen Verteilungen kann es zu Abweichungen kommen, wie beispielsweise 47,XXY (Klinefelter-Syndrom), 47,XXX (Triple-X-Syndrom), 45,X0 (nur ein X-Chromosom, Turner-Syndrom), sowie seltene Varianten mit mehreren Y-Chromosomen. Die genannten Beispiele werden als numerische Chromosomenanomalien zusammengefasst. Darüber hinaus gibt es strukturelle Chromosomenanomalien wie Translokationen und Deletionen sowie sogenannte Punktmutationen, bei denen es sich um Veränderungen in der DNA Sequenz handelt, die ebenfalls die Ausbildung des Geschlechts beeinflussen können. Wenn die Chromosomenveränderungen nicht alle Zellen des Organismus betreffen, spricht man auch von einem chromosomalen Mosaik.

2. Gonadales Geschlecht

Bis zur 6. bis 8. Schwangerschaftswoche sind männliche und weibliche Keimdrüsen (Gonaden) nicht unterscheidbar. Danach bilden sich beim männlichen Embryo auf der Basis verschiedener Genaktivitäten (insbesondere des SRY-Gen) auf dem Y-Chromosom die Hoden aus. Ist kein Y-Chromosom vorhanden oder kommt es zu Störungen der Genfunktion wie beispielsweise bei einer Mutation im SRY-Gen, entwickeln sich die Keimdrüsen in Richtung Eierstöcke. Ist das Y-Chromosom jedoch aktiv, kommt es zur Ausprägung männlicher Keimdrüsen, den Hoden. Die genetische Determinierung der Ausbildung der Keimdrüsen ist durch eine Reihe von verschiedenen Genen auf den Geschlechtschromosomen gesteuert und somit sehr komplex, sodass sie erst ansatzweise verstanden wird. Sehr selten liegen in einem Individuum Hoden- und Eierstockgewebe gleichzeitig vor; dann spricht man von einer »Ovotestikulären DSD« (»Differences of Sex Development«; früher: echter Hermaphroditismus).

3. Anatomisches Geschlecht (inneres und äußeres Genitale)

Zur differenzierten Entwicklung von inneren und äußeren Geschlechtsorganen beim Embryo kommt es erst in einem späteren, relativ engen Zeitfenster in der Schwangerschaft – ebenfalls aus zunächst gemeinsamen Anlagen wie den Wolff’- und Müller’schen Gangsystemen sowie den Geschlechtshöcker, -falten und -wülsten. Unter der ebenfalls komplexen genetischen Steuerung v.a. des männlichen Sexualhormons Testosteron, das mittlerweile in den Leydig-Zellen der männlichen Keimdrüsen gebildet wird, entwickeln sich schließlich die männlichen inneren und äußeren Genitalien wie Nebenhoden, Samenleiter, Samenbläschen sowie Penis und Hodensack sowie beim Fehlen von männlichen Hormonen die inneren und äußeren weiblichen Geschlechtsorgane wie Eileiter, Gebärmutter und Vagina sowie Klitoris und Schamlippen. Vor allem aufgrund des Erscheinungsbildes der externen Genitalien wird bei der Geburt das Geschlecht festgelegt. Ist hier die Anatomie nicht eindeutig, liegt eine Form von DSD vor, wobei Art und Ausmaß der abweichenden Ausprägung auch vom Zeitpunkt abhängen, an dem sich beispielsweise während der Schwangerschaft ein Gendefekt manifestiert oder eine exogene Noxe einwirkt.

Andere Formen der DSD können sich aber auch zu einem späteren Zeitpunkt (insbesondere in der Pubertät) mit beispielsweise einer Maskulinisierung eines weiblichen Körpers bzw. einer fehlenden Maskulinisierung oder Feminisierung manifestieren.

Die weitere Entwicklung des Urogenitalsystems kann durch verschiedene Defekte ebenfalls gestört sein wie beispielsweise bei persistierendem Sinus urogenitalis oder Hypospadie. Oft handelt es sich hier allerdings um anatomische Fehlbildungen ohne Nachweis einer zugrundeliegenden, bekannten genetischen Abweichung.

4. Hormonelles Geschlecht

Geschlechtshormone werden sowohl von Frauen als auch von Männern produziert. Dabei unterscheidet man zwischen weiblichen (Östrogenen) und männlichen Sexualhormonen (Androgenen), die beide zur Klasse der Steroidhormone zählen. Die Synthese von Östrogenen erfolgt in erster Linie in den Eierstöcken und zu einem kleineren Teil auch in der Nebennierenrinde. Im Verlauf einer Schwangerschaft ist zudem die Plazenta an der Produktion von Östrogenen beteiligt. In kleineren Mengen werden Östrogene auch im Hoden des Mannes produziert.

Die Androgene, die zum überwiegenden Teil in den Leydig’schen Zellen im fetalen Hoden produziert werden, führen in der Schwangerschaft zur Entwicklung und Erhaltung von männlichen Merkmalen. Wichtigstes Hormon ist das Testosteron bzw. Dihydro-Testosteron, das eine direkte Wirkung auf die Hoden hat und später in der Pubertät die Entwicklung des Hodens, Penis, Geschlechtsdrüsen und der sekundären Geschlechtsmerkmale sowie beispielsweise auch das Wachstum der Körperbehaarung und des Muskelaufbaus fördert.

Gesteuert wird die Synthese der Sexualhormone über Hormonausschüttungen der Hirnanhangsdrüse, die wiederum durch Hormone aus dem Hypothalamus (Zwischenhirn) angeregt werden; über Rückkopplungseffekte erfolgt eine entsprechende Feinabstimmung. Bei entsprechender genetischer Disposition aber auch medikamentösen Manipulationen wie z.B. Doping oder andere Medikamente, die in die Synthese der Sexualhormone eingreifen, kann es zu hormonell bedingter DSD kommen.

Quelle: Texte übernommen aus “Intersexualität und Transidentität”, Stellungnahme der Bioethikkommission, 2017

Die innerlich gefühlte Geschlechtsidentität eines Menschen muss nicht seinem biologischen Geschlecht entsprechen und wird auf der Basis seines eigenen psychischen Empfindens festgelegt. Biologisch scheint es eine sexuelle Differenzierung des Gehirns zu geben und die dimorphe Struktur entwickelt sich offenbar bereits intrauterin u. a. unter dem Einfluss der Sexualsteroidhormone.

Die Geschlechtsidentität ist einer der fundamentalsten Aspekte des Lebens. Sie bezieht sich auf die innerlich tief empfundene und individuelle Erfahrung von Geschlecht, die jeder Mensch hat und die mit dem bei der Geburt festgestellten biologischen Geschlecht in den meisten Fällen in Einklang steht, davon in seltenen Fällen aber auch abweichen kann.

Quelle: Intersexualität und Transidentität, Stellungnahme der Bioethikkommission, 2017

Kritik: Genderidentität ist nicht angeboren

Es gibt keine transsexuellen Kinder. Denn die Persönlichkeit entwickle sich erst. Die „Genderidentität“ ist das Ergebnis unseres Aufwachsens und kann daher nicht als „angeboren“ bezeichnet werden. Man kann also nicht „im falschen Körper geboren“ sein. Davon abgesehen, bilden Frauen in psychologischer Hinsicht gegenüber Männern keine abgegrenzte Gruppe. Auf psychischer Ebene können keine geschlechtsspezifischen Unterschiede festgestellt werden, was bedeutet, dass es kein psychologisches Geschlecht gibt. Davon sind typische Verhaltensdispositionen zu unterscheiden, präzisiert der Psychiater. Eine Person, die glaubt und vehement behauptet (psychisch) eine Frau zu sein, weil sie in psychischer Hinsicht wie die anderen Frauen sei, erliegt damit einer Fiktion, weil es die Frauen als psychologisch homogene Gruppe nicht gibt. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe von körperlich andersartigen Menschen aufgrund einer vermeintlichen innerpsychischen Gemeinschaft mit diesen Menschen ist demnach streng genommen ein logischer Fehler.

Quelle: Dr. Alexander Korte, Kinder- und Jugendpsychiater, VortragGeschlechtsdysphorie aus jugendpsychiatrischer Sicht“ 3. Salzburger Bioethik-Dialoge 2022

Von der Geschlechtsidentität ist die sexuelle Orientierung abzugrenzen, die sich darauf bezieht, zu welchem Geschlecht sich die betroffene Person sexuell hingezogen fühlt und die ihre Partnerwahl bestimmt. Der Begriff schließt nicht nur die sexuelle Anziehung von einem bestimmten Geschlecht, sondern auch das Interesse am Gegenüber als möglichem Partner mit ein. Dabei ist nicht nur die Sexualität, sondern auch das Gefühl der emotionalen Verbundenheit, Zuneigung und Liebe von Bedeutung. Die sexuelle Orientierung ist wie auch biologische Geschlechtsmerkmale, die Geschlechtsidentität und die Geschlechterrolle eine Komponente der sexuellen Identität eines Menschen im umfassenden Sinn.

Quelle: Intersexualität und Transidentität, Stellungnahme der Bioethikkommission, 2017

Der aus dem Englischen stammende Begriff »Gender« im Sinn des sozialen Geschlechts bezeichnet in der gegenwärtigen Genderforschung sämtliche gesellschaftliche Rollenvorstellungen, -zuschreibungen und -erwartungen bezüglich Mann- und Frausein, inklusive der Frage, wie weit hier nur eindeutig weibliche oder männliche Rollen zugelassen werden.

Im Kontext von Intersexualität und Transidentität geht es darüber hinaus um die Frage, welche soziale Geschlechtsrolle jemand lebt (Kleidung, Habitus, soziale Rolle u. a.), unabhängig von seinem biologischen Geschlecht (»Sex«), wie es durch die oben beschriebenen Komponenten definiert wird. Bei Transidentität bezeichnet die »soziale Transition« (social transition) den Wechsel in eine andere Geschlechtsidentität auf der sozialen Ebene (Kleidung, Habitus, Rollenverhalten) vor operativen Maßnahmen der Geschlechtsangleichung.

Quelle: Intersexualität und Transidentität, Stellungnahme der Bioethikkommission, 2017

männlich  –
weiblich  –
inter nur intersexuelle Personen
divers nur intersexuelle Personen
offen nur Neugeborene, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen
Streichung des Geschlechtseintrags  –
1. Personenstandsregister

Die Eintragung des Geschlechts erfolgt durch den Anzeiger der Geburt, also in der Regel den Arzt oder die Hebamme. Eine spätere Änderung bzw. Berichtigung der Eintragung erfolgt auf Basis eines Fachgutachtens.

Rechtsgrundlage:

Erlass des Bundesinnenministerium, der gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und dem Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt erarbeitet wurde.
Der Erlass regelt, wie mit der Geschlechtseintragung im Zentralen Personenstandsregister umgegangen werden soll. Neben den Eintragungsmöglichkeiten „männlich“ und „weiblich“ steht nun auch „inter“, „divers“ und „offen“ zur Verfügung, sowie die Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags.

Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Juni 2018

Das österreichische Personenstandsgesetz fordert die Angabe des Geschlechts als
Personenstandsdatum. Der intergeschlechtliche Antragsteller begehrte im Anlassverfahren statt „männlich“ oder „weiblich“ die Bezeichnung „inter“ oder etwas Ähnliches anführen zu dürfen und begründete dies mit seinem Recht auf individuelle Geschlechtsidentität, das laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) aus Art 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) abgeleitet werden könne.

Der VfGH bestätigte dieses Recht, kam aber zu dem Schluss, dass die Bestimmung des österreichischen Personenstandsrechts nicht verfassungswidrig sei und daher nicht aufgehoben werden musste. Vielmehr sei der von § 2 Abs 2 Z 3 Personenstandsgesetz (PStG) 2013 verwendete Begriff des Geschlechts so allgemein, dass er sich ohne Schwierigkeiten dahingehend verstehen lasse, dass er auch alternative Geschlechtsidentitäten miteinschließe, so das Höchstgericht.

Da sich entsprechend der Judikatur des EGMR aus Artikel 8 EMRK ein Recht auf individuelle Geschlechtsidentität ableite, ergebe sich daraus laut VfGH insbesondere auch das Recht von Menschen mit „alternativer Geschlechtsidentität“, sich nicht einem fremdbestimmten Geschlecht zuweisen lassen zu müssen. Daraus ergebe sich die Pflicht des Gesetzgebers, „eine Zuordnung zu einem Geschlecht solange offen zu lassen, bis Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich eine solche selbstbestimmte Zuordnung ihrer Geschlechtsidentität möglich ist“.

Dieses Recht umfasse auch die Pflicht von Personenstandsbehörden, bei Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber „männlich“ oder „weiblich“ auf Antrag eine alternative Bezeichnung einzutragen. Das Höchstgericht nimmt dabei Bezug auf die Stellungnahme der Bioethikkommission und zitiert die Bezeichnungen „divers“, „inter“ oder „offen“. Diese Bezeichnungen brächten „im Sprachgebrauch mit hinreichender Deutlichkeit das Gemeinte“ zum Ausdruck, „nämlich das Geschlecht bzw. die Geschlechtsidentität eines Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich, der sich keinem der konventionellen Geschlechter zugehörig fühlt“.

Das österreichische Personenstandsgesetz sah schon vorher die Möglichkeit vor, Angaben zum Geschlecht bei nicht eindeutiger Zuordenbarkeit offen zu lassen. Seit der VfGH-Entscheidung muss bei der Erhebung des Personenstandsdatums „Geschlecht“ auch die Möglichkeit eingeräumt werden, positiv eintragen zu lassen, dass man sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlt.

Dem Gesetz- und Verordnungsgeber sei es zudem unbenommen, eine konkretere
Festlegung (und begriffliche Eingrenzung) „der Bezeichnung des Geschlechts als allgemeines Personenstandsdatum für Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung gegenüber männlich oder weiblich“ vorzunehmen. „Art 8 EMRK verlange nämlich keine beliebige Wahl der begrifflichen Bezeichnung des eigenen Geschlechts.“, so der Verfassungsgerichtshof.

Voraussetzungen für die Änderung der Geschlechtseintragung (Personenstandsänderung) in Österreich:

1. Vorhandensein einer „zwanghaften“ Vorstellung im falschen Geschlecht zu leben,
2. Vornahme geschlechtskorrigierender Maßnahmen, die eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts gewährleisten,
3. hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich am Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nichts mehr ändern wird.

Eine geschlechtsumwandende Operation gehört seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2008 nicht mehr zu den Voraussetzungen einer Änderung des Geschlechtseintrags.

Standesämter haben unter Berücksichtigung des vom Verwaltungsgerichtshof formulierten Voraussetzungen über Anträge auf Personenstandsänderung zu entscheiden.

rechtsgrundlage:

§ 41 Personenstandsgesetz

In Österreich ist ein juristischer Geschlechtswechsel nach § 41 Personenstandsgesetz möglich. Der Paragraf sieht vor, dass eine Personenstandsbehörde eine Eintragung zu ändern hat, wenn sie nach der Eintragung unrichtig geworden ist.

Urteil des Verwaltungsgerichtshofs 27. Februar 2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem Urteil entschieden, “dass ein schwerwiegender operativer Eingriff, wie etwa die von der belangten Behörde geforderte Entfernung der primären Geschlechtsmerkmale, keine notwendige Voraussetzung für eine deutliche Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts ist”.
Das Gericht formulierte daraufhin die Voraussetzungen nach welchen die Personenstandsbehörde die Beurkundung des Geschlechts im Personenstandsregister zu ändern hat: “In Fällen, in denen eine Person unter der zwanghaften Vorstellung gelebt hat, dem anderen Geschlecht zuzugehören, und sich geschlechtskorrigierender Maßnahmen unterzogen hat, die zu einer deutlichen Annäherung an das äußere Erscheinungsbild des anderen Geschlechts geführt haben, und bei der mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass sich am Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nichts mehr ändern wird”.

Der Leitfaden des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung bildet die Grundlage für die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache an Schulen, Universitäten und bei wissenschaftlichen Arbeiten und zeigt verschiedene Formen der geschlechtergerechten Sprache auf. Das sogenannte „Binnen-I“ wird in dem Leitfaden – entsprechend den aktuellen Empfehlungen des Deutschen Rechtschreibrates – nicht empfohlen.

Schule:
  •  Geschlechtergerechte Sprache soll in einer altersadäquaten und praktikablen Art und Weise vermittelt werden.
  •  Lehrkräfte sind im jeweiligen fachlichen Zuständigkeitsbereich für die Vermittlung und Umsetzung verantwortlich
  •  Bei der frühen Schrift-/Sprachvermittlung steht die Erlernbarkeit im Mittelpunkt. Dies schließt die Anwendung und Vermittlung einer geschlechtergerechten Sprache jedoch keinesfalls aus.

Es gibt bundesweit Bestrebungen, Empfehlungen zu entwickeln, wie Geschlechtervielfalt sprachlich adäquat abgebildet werden kann. Sobald dahingehend Empfehlungen vorliegen, wird das Bildungsministerium entscheiden, inwiefern und inwieweit davon auch der geschlechtergerechte Sprachgebrauch an den Schulen betroffen sein soll.

Universität:
Die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache ist an allen hochschulischen Einrichtungen rechtlich geboten.
  • Die Gleichstellung der Geschlechter ist im Universitätsgesetz 2002 (UG) als leitender Grundsatz verankert. Dazu gehört auch die Sichtbarmachung in der Sprache.
  •  Die gesetzliche Grundlage für geschlechtergerechte Formulierungen findet sich in § 10a des
    Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG) , welches auf Grund von § 44 UG auf die Universitäten anzuwenden ist.
  • Die konkrete sprachliche Umsetzung liegt im Autonomiebereich der Universitäten, die im Regelfall eigene Sprachleitfäden haben.
Wissenschaftliche Arbeiten und Lehrveranstaltungen:
  •  Gemäß § 76 Abs. 2 UG haben die Leiterinnen und Leiter von Lehrveranstaltungen die Studierenden über die Beurteilungskriterien und die Beurteilungsmaßstäbe hinsichtlich der Prüfungsleistungen in den jeweiligen Lehrveranstaltungen zu informieren.
  •  Es obliegt somit den Leiterinnen und Leitern von Lehrveranstaltungen sowie
    Betreuerinnen und Betreuern von schriftlichen bzw. wissenschaftlichen Arbeiten, ob sie die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache als Beurteilungskriterium heranziehen oder nicht.
  •  Eine fehlende Umsetzung einer gendergerechten Sprache kann in die Beurteilung von Studienleistungen und insbesondere von schriftlichen Arbeiten, von Seminararbeiten bis hin zu Dissertationen, einfließen.
Pädagogische Hochschule:
Im Hochschulgesetz 2005 (HG) (§ 9 Abs. 6 Z 12) ist die Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frauen und Männern als leitender Grundsatz festgelegt. Einige Pädagogische Hochschulen, darunter die Pädagogische Hochschule Niederösterreich, haben eigene Richtlinien für geschlechterinklusives Formulieren in schriftlichen Arbeiten herausgegeben.
(Quelle: Anfragebeantwortung vom 21. Juni 2021 des ehemaligen Bildungsministers Heinz Faßmann betreffend Gender Richtlinien an Schulen, Universitäten und im Bereich wissenschaftlichen Arbeitens)
1. Medizinische Praxis in Österreich

In Österreich werden Entscheidungen, ob, wann und wie medizinische Maßnahmen
durchgeführt werden, im Kindesalter möglichst zurückhaltend, unter intensiver Aufklärung der Eltern und in Abstimmung mit interdisziplinären Teams und unter wesentlicher Berücksichtigung der psychosozialen Aspekte, getroffen. Oberstes Ziel ist dabei die Erhaltung bzw. Ermöglichung der sexuellen Empfindsamkeit und der Fortpflanzungsfähigkeit.

2. Stellungnahme der Bioethikkommission „Intersexualität und Transidentität“

In diesem Sinne lautet auch die einstimmige Empfehlung der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt aus dem Jahr 2017, die weiterhin ihre Gültigkeit hat.

3. Entschließung des Nationalrates vom 16.06.2021: „Schutz von intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen vor medizinisch nicht notwendigen Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen“

Der Nationalrat hat 2021 beschlossen, intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche und ihre körperliche Unversehrtheit wirksam vor medizinischen Eingriffen, die „kein dauerhaftes körperliches Leiden, eine Gefährdung des Lebens oder die Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit bzw. starker Schmerzen abwenden“, schützen zu wollen.
Hintergrund dieses Anliegens ist die Sorge, dass intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche „in vielen Staaten weltweit medizinisch nicht notwendige Behandlungen an den Geschlechtsmerkmalen, ohne vorherige, voll-informierte und höchstpersönliche Einwilligung“ erleben würden. Laut Berichten von Interessensvertretungen wie dem Verein Intergeschlechtlicher Menschen Österreich (VIMÖ) oder auch der Selbsthilfegruppe AGS Österreich verfolgen physische und psychische Belastungen, die mit diesen Eingriffen einhergehen, Betroffene mitunter ein Leben lang.

4. Kinder mit adrenogenitalem Syndrom (AGS)

Das Justizministerium verfolgt ein umfangreiches Vorhaben zu Adaptierungen im
Kindschaftsrecht. Dabei spielt die Frage, ob Kinder mit AGS (adrenogenitalem Syndrom) als intersexuell einzuordnen sind eine wichtige Rolle. AGS ist eine genetisch bedingte Erkrankung der Nebenniere, die mit einer Fehlbildung im Urogenitalbereich (Variante der Geschlechtsentwicklung, VdG, bzw. disorders/differencies of sexual development, DSD) einhergehen kann (Einstufung bei AGS Mädchen etwa nach Prader I-V). Während der VIMÖ (Verein Intergeschlechtlicher Menschen Österreich) u.a. AGS den Varianten der Geschlechtsentwicklung (VdG) zuordnen möchte und daher auch bei diesen Kindern Eingriffe zur Angleichung meist rein anatomischer Abweichungen verboten wissen will, wehren sich die Betroffenenvertreter von Menschen mit AGS vehement gegen diese Einstufung. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich betonen die Selbsthilfegruppen, die nach eigenen Angaben fast alle Betroffenen und ihre Angehörigen zu ihren Mitgliedern zählen, dass das chromosomale Geschlecht sowie die inneren Geschlechtsorgane bei AGS-Kindern stets eindeutig seien und daher keine Einstufung als VdG gerechtfertigt werden könne.
Auch die Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt zeigte sich in ihrer Stellungnahme aus dem Jahr 2017 skeptisch, AGS zu den Varianten der Geschlechtsentwicklung zu zählen.

Das Gesundheitsministerium hat im Jahr 2017 Empfehlungen für den Behandlungsprozess bei Geschlechtsdysphorie von Kindern und Jugendlichen bzw. bei Geschlechtsdysphorie und Transsexualismus von Erwachsenen ausgearbeitet.

Die Empfehlungen orientieren sich an internationalen Vorgaben (Standards of Care for the Health of Transsexual, Transgender and Gender Noncoforming People der WPATH – World Professional Association for Transgender Health). Sie richten sich an alle im Behandlungsprozess beteiligten Berufsgruppen, an die mit der Vollziehung des Personenstandsrechts betrauten Verwaltungsbehörden und an betroffene Personen.

Die Empfehlungen sind rechtlich nicht bindend und sind nicht im Zusammenhang mit der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zu sehen.
Mehr zum in Österreich empfohlenen Behandlungsprozess erfahren Sie unter „Trans“.

Laut Entschließung 184/E vom 16.06.2021 werden Gesundheits- und Justizministerium ersucht, „eine Regierungsvorlage zum Schutz vor Konversions- und „reparativen“ Therapieformen auszuarbeiten, die zum Ziel hat, die Durchführung, Bewerbung und Vermittlung von Maßnahmen und Techniken, die auf eine Veränderung der sexuellen Orientierung bei Minderjährigen sowie bei Volljährigen, deren Einwilligung auf Willensmangel beruht, abzielen, verboten werden soll.“
Schreiben des BMASGK
Beirat für psychische Gesundheit

die Ausübung von Konversions- und vergleichbaren „reparativen Therapieformen“ an Minderjährigen bereits nach aktueller Rechtslage als unzulässig anzusehen ist und entsprechende berufsrechtliche und/oder strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würde.

Die geltende Rechtslage bietet aus fachlicher Sicht bereits Maßnahmen und Instrumente, um der Ausübung derartiger Verfahren entgegen zu wirken.
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_07658/index.shtml

Der unbestimmte Begriff der „Konversionstherapie“ stößt auf Kritik. Es ist zwischen
unseriösen Angeboten und „Umpolungsversuchen“ und einem Recht auf professionelle Beratungs- und Therapieangebote für Menschen, die ihre Sexualität subjektiv konflikthaft erleben, zu unterscheiden.

informatives Rundschreiben an Behörden, Kammern und Berufsverbände versandt, in dem der Sachverhalt noch einmal erläutert und als bereits jetzt gesetzlich ausreichend geregelt beschrieben wurde. Die aktuelle Rechtslage sei jedoch keineswegs ausreichend, um Minderjährige vor diesen potenziell psychisch und physisch schädigenden Behandlungen zu schützen, urteilt Shetty. Diese würden nämlich oft außerhalb eines beruflichen oder therapeutischen Kontexts vollzogen
https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2020/PK1139/#

Wie Der Standard berichtet kam die eingesetzte Arbeitsgruppe im Gesundheitsministerium jedoch zu dem Schluss, dass ein Verbot nicht notwendig sei. Therapeuten würden im Fall von „reparativen“ Behandlungen gegen ihre Berufspflichten verstoßen, was bereits jetzt zivil- und strafrechtliche Folgen habe.

Bereits zu Beginn der Debatte im vergangenen Jahr machte das IEF auf die Probleme des seinerzeitigen Entschließungsantrages aufmerksam. Zum einen sei die mangelnde Abgrenzung des Begriffs ‚Konversionstherapie‘ irreführend und undifferenziert. Zum anderen verwies man – wie in Folge scheinbar auch die Arbeitsgruppe des Gesundheitsministeriums – auf die bereits vorhandene Rechtslage, die eine gezielte „Umpolung“ der sexuellen Orientierung schon heute untersage.  Zu unterscheiden von solchen unseriösen Angeboten seien jedoch “professionelle Beratungs- und Therapieangebote, die Menschen die Möglichkeit geben, ihre subjektiv konflikthaft erlebte (auch homosexuelle) Sexualität zu bearbeiten”.

Dass eine derart undifferenzierte Grundhaltung nur zu noch mehr Problemen führen würde, belegte u.a. ein ausführlicher Bericht des Magazins EMMA. Darin erzählen drei junge Frauen von ihrem Geschlechtswechsel zum Mann und ihrer Detransition zurück zum weiblichen Geschlecht (das IEF hat berichtet).
So berichten die Frauen unter anderem, wie schwierig es für Detransitionierer – also
Personen, die zu ihrem ursprünglichen Geschlecht zurückkehren wollen –  ist, einen
Therapeuten zu finden, da die meisten Berater nach einem transaffirmativen Ansatz
arbeiten, d.h. sie gehen grundsätzlich davon aus, dass Genderdysphorie vorliegt und bestärken die Bemühungen ihrer Patienten, das Geschlecht zu wechseln. Eine der Frauen geht dabei explizit auf das Problem ein, dass Therapieansätze, die „nicht hundertprozentig transaffirmativ“ sind, öfters als „Konversionstherapie“ diffamiert würden. Ein Problem, das in Deutschland durch das strafrechtlich sanktionierte Verbot von „Konversionstherapien“ nun sogar noch verstärkt wurde (das IEF hat berichtet).
Die Sensibilität nimmt jedoch weltweit zu. So berichtete jüngst etwa auch die BBC in einem ausführlichen Beitrag über Detransitionierer, ihre oftmals fehlerhaften Diagnosen der Genderdysphorie und den umständlichen Weg zurück zum eigenen Geschlecht.

Das Institut für Ehe und Familie (IEF) warnte daher im Vorfeld vor der Verwendung eines ungenügend differenzierten Sammelbegriffs. Ein zu weites Verständnis, wie es u.a. die zitierten Passagen aus der Begründung vermuten ließen, könnte den gegenteiligen Effekt bewirken und zu einer Einschränkung der Therapiefreiheit und sexuellen Selbstbestimmung führen. Durch das österreichische Psychotherapiegesetz seien unwissenschaftliche Methoden und veraltete oder menschenverachtende Ansätze ohnehin verboten. Der Handlungsbedarf sei im gegenständlichen Fall daher fraglich. Eine zu weit gefasste Definition von „Konversionstherapien“ würde hingegen auch professionelle Beratungs- und Therapieangebote, die Menschen die Möglichkeit geben, ihre subjektiv konflikthaft erlebte (auch homosexuelle) Sexualität zu bearbeiten, verbieten. Anstatt eines Pauschalverbots müsste vielmehr auf die Motive der Ratsuchenden und die Vielschichtigkeit ihrer Lebenssituationen eingegangen und eine klare Unterscheidung zwischen selbstbestimmt gewählten und aufgezwungenen Maßnahmen vorgenommen werden.
Zu bedenken sei auch die Auswirkung einer nicht klar abgegrenzten Definition auf die im Entschließungsantrag erwähnten „weiteren Helfer“, also unter anderem Laien in Selbsthilfegruppen, Beichtpriester und in der Seelsorge tätige Personen. Ein Verbot würde die Begleitung und Verkündigung im Sinne der katholischen Lehre und des christlichen Menschenbildes womöglich in die Illegalität treiben. Es gebe dazu bereits Beispiele aus Deutschland, wo christliche Organisationen gezielt Opfer von Rufschädigung durch mediale Verleumdungen oder Erwirkung gerichtlicher Verfügungen gegen Berater wurden. Das IEF forderte daher eine eingehende Befassung mit und klare Abgrenzung der Definition der verpönten “Therapien”.